Monatsrückblick – Mai/Juni (Franziska)

Weniger als zwei Monate verbleiben uns noch in Namibia. Am 27. August geht unser Flug nach Deutschland und dieses Jahr wird für immer hinter uns liegen. Schon jetzt fühlt sich vieles nach Abschied an, obwohl wir noch sechs Wochen Schule und Arbeit haben. Mitte Mai hat unser drittes und letztes Trimester an der Schule begonnen und mittlerweile ist die erste Hälfte davon auch schon rum.

Diese letzten drei Monate unterscheiden sich in vielen Dingen von den vorigen neun. Die größte Veränderung ist, dass Johanna und ich seit sechs Wochen alleine im Afternoon Care sind, da unsere Chefin krank ist und voraussichtlich bis Ende des Trimesters ausfallen wird. Das bedeutet mehr Verantwortung und auch ein bisschen mehr Stress für uns. Was wir vorher unserer Chefin überlassen haben, müssen wir nun selbst regeln: Streits zwischen Kindern, Nasenbluten, alle Einkäufe und Absprachen mit den Klassenlehrern.
Ich habe außerdem die Vertretung ihrer Sportstunden in der zweiten und dritten Klasse übernommen, die ich immer mit einem der anderen Freiwilligen zusammen mache. Es macht richtig Spaß, mal selbst einen Unterricht anzuleiten, und auch wenn nicht immer alles nach Plan läuft, lerne ich dabei zu improvisieren.

Die zweite Veränderung ist eine, die uns allen irgendwie zu schaffen macht: Es ist Winter geworden hier in Namibia. Morgens liegen die Temperaturen nur wenige Grad über Null und trotz der weiterhin heißen Mittagssonne wärmt sich unser Haus nicht mehr wirklich auf. Tagsüber ist es tatsächlich momentan draußen angenehmer als drinnen.
Sascha, Johanna und ich wechseln uns ab mit morgendlichen Teediensten, damit die Kinder, die z.T. mehr als eine Stunde vor Schulbeginn kommen, nicht im Kalten warten müssen. Deswegen geht mein Arbeitstag aktuell an manchen Tagen von halb sieben am Morgen bis halb sechs am Abend. Natürlich mit mehreren langen Pausen dazwischen.

Nachdem ich vor ein paar Wochen erschrocken feststellen musste, dass ein Kind bei uns im Afternoon Care seinen Klassenkameraden im Lesen weit hinterher ist, habe ich begonnen, mit ihm extra lesen zu üben. Zuerst war es schwierig, es dazu zu motivieren. Ich habe dann einen Plan gemalt, den es jedes Mal nach dem Üben ausfüllen konnte. Nach dem zehnten Mal habe ich ein kleines Geschenk versprochen. Und siehe da: auf einmal machte dem Kind das Lesen sogar Spaß. Nachdem wir mit den ersten zehn Malen durch waren, sagte es sogar, dass wir nun weiterlesen sollen – aber ohne Geschenk. Es macht mich sehr stolz zu sehen, welche Fortschritte dieses Kind macht und wie viel Selbstvertrauen es bei unserem Üben gewinnt. Jedes Mal wenn wir uns zusammen hinsetzen und es ein Wort direkt beim ersten Anlauf lesen kann, ruft es: „Ich kann lesen!“. Und das ist wunderschön. Mir ist in den letzten Wochen dadurch noch einmal ganz bewusst geworden, was für ein Privileg und was für ein Geschenk es für manche Kinder ist, an dieser Schule lernen zu dürfen. Besonders die Kinder, deren Eltern sie zuhause nicht unterstützen können, haben hier wirklich eine Chance, Unterstützung zu bekommen. Es ist mir ein echtes Anliegen, dass die Kinder hier lesen lernen. Denn ich weiß aus meiner eigenen Schulzeit und von den älteren Schülern hier, dass nicht alle Kinder im Unterricht genug lesen. Und dass es irgendwann zu spät ist. Deswegen ist es für mich wie ein Abschiedsgeschenk, diesem Kind Lesen beibringen zu können und zu verhindern, dass es schon jetzt von seinen Klassenkameraden abgehängt wird. Die Fähigkeit wird es für immer behalten und sie wird ihm womöglich einige Türen öffnen.

Ich weiß, dass mein Freiwilligendienst nicht die Welt, Namibia oder diese Schule verändern wird. Aber wenn ich diesem einen Kind geholfen habe, lesen zu lernen, dann hat sich mein Aufenthalt schon gelohnt.

Was sonst noch so passiert ist:

• Ich war diesen Monat zum ersten Mal in diesem Jahr so richtig krank, mit Hustensaft, im Bett liegen und alles. Eine Erkältung hat uns Freiwillige alle auf einmal so richtig erwischt.

• Ich habe mir ein Tattoo und ein Nasenpiercing stechen lassen.

• Anfang Juni haben wir einen spontanen Wochenendtrip nach Sossusvlei gemacht, worüber ich auch schon berichtet habe.

• Da mit dem Ende dieses Auslandsjahres auch der Beginn meines Studiums näher rückt, habe ich mich diesen Monat viel um Bewerbungssachen gekümmert.

• An der Schule haben wir letzten Freitag das Johannifest mit einem sehr beeindruckenden Feuer gefeiert.

• In Namibia wurde der nationale Ausnahmezustand wegen der Dürre ausgerufen und Wasser sparen ist wichtiger als je zuvor. (Hier ein ausführlicher Bericht zur Wassersituation in Namibia 2019)

• Wir waren das erste Mal beim offenen Trommelkreis in Joe´s Beerhouse und hatten sehr viel Spaß.

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