Schon wieder ist ein Monat rum, der Sommermonat Dezember ist bald vorbei und das bedeutet, wir sind jetzt seit vier Monaten in Namibia. Ein Drittel unseres Jahres liegt schon hinter uns.
Die Ferien beginnen
Die erste Dezemberwoche war auch gleichzeitig unsere letzte Schulwoche, d.h. seit dem 7. Dezember haben wir Ferien. Passend dazu haben sich die Temperaturen etwas abgekühlt – wir hatten eine Zeit lang „nur“ noch 32°C tagsüber, was deutlich angenehmer als die fast 40 Grad ist. Zuletzt waren die heißen Tage wirklich anstrengend, sodass wir alle mehr als bereit waren für die großen Ferien. Vorher aber gab es einiges zu tun: am Montag bin ich morgens in die Mall gefahren, um Weihnachtsgeschenke für die Kinder im Afternoon Care (AC) zu besorgen. Wir AC-Volunteers, Sascha, Johanna und ich, haben den Kindern einen Fußball geschenkt, den sie sich schon lange sehnsüchtig gewünscht haben. Außerdem haben wir für jedes Kind ein Foto ausgedruckt und auf Karton geklebt, sodass sie auch noch etwas hatten, dass sie mit nach Hause nehmen durften. Nach dieser Bastelaktion am Dienstagvormittag sind wir abends zu Anna und Christina, den Volunteers des YONA-Projekts, gefahren, um ihre neue Wohnung zu besichtigen. Sie leben jetzt gegenüber ihrer Einsatzstelle in einer schönen Wohnung mit Blick über Windhoek – ganz schön luxuriös im Vergleich zu unserer Hütte.
Am Mittwochmorgen habe ich einen Kuchen für die Weihnachtsfeier des AC gebacken und die letzten Dinge vorbereitet. Nachmittags ging es dann los: wir schickten die Kinder raus und zogen alle Vorhänge zu, um den wahren Weihnachtszauber zu erzeugen. Aus Kissen haben wir einen Sitzkreis aufgebaut und in die Mitte Kerzen, die selbstgebackenen Plätzchen der Kinder, gebastelte Sterne und natürlich die Geschenke gestellt. Neben dem Ball und den Fotos gab es eine Bücherspende und neuen Bastelzubehör für das AC. Die Augen der Kinder haben wirklich geleuchtet, als sie hereinkamen und die vielen Geschenke sahen. Etwa eine Stunde saßen wir so im Kreis zusammen, haben auf das Jahr zurückgeblickt, jeder durfte sagen, was seine Highlights waren und auch erzählen, was vielleicht nicht so schön war, wir haben Kekse und Kuchen gegessen, Chai getrunken und Weihnachtslieder gesungen. Es hat sich fast angefühlt wie in einer großen Familie! Am Ende des ersten gemeinsamen Trimesters mit den AC-Kindern fühle ich mich in meiner Arbeit wirklich angekommen. Ich merke, dass die Kinder uns (und unsere Ansagen) jetzt viel mehr respektieren als am Anfang, dass sie uns vertrauen und wir schon eine richtige Beziehung aufgebaut haben. Ich kann mir nur vorstellen, wie schwer es wird, ihnen in acht Monaten auf Wiedersehen zu sagen.
Die Weihnachtsfeier des Hostels fand am selben Abend statt, und obwohl wir nur selten mit den Internatskindern zu tun haben, wollten wir dabei sein. Wir haben gegrillt – ja, auch so kann man Weihnachten feiern – und die Kinder haben nach dem Essen gewichtelt.
Der schönste Moment dieser letzten Schulwoche war für mich aber das Krippenspiel am nächsten Morgen! Eine Gruppe Laienschauspieler, zum größten Teil bestehend aus Mitarbeitern der Krumhuk Farm, besuchte die Schule und führte das „Oberuferer Christgeburtsspiel“ auf. Alles erinnerte mich an die Vorstellungen des Stücks an unserer Schule: Vom Kostüm der Maria und des Engels, über den Stern am Stab und die Szene, in der die Hirten Kekse ins Publikum werfen, bis hin zur Musik. Nur eins war anders. Statt des altdeutschen Dialekts sprachen die Schauspieler Afrikaans! Gut, dass ich eh große Teile des Christgeburtsspiel mitsprechen kann, sonst wäre das Verstehen sehr schwierig geworden.
Am Donnerstagnachmittag war Aufräumen im AC angesagt, denn am Freitag schloss die Schule schon um zehn, sodass auch wir nicht mehr geöffnet hatten. Also wurden alle Kissen abgezogen, alles Spielzeug sortiert, die Bücher wieder ordentlich aufgereiht, das Geschirr in die Schränke gestellt, der Kühlschrank geleert, die Stühle hochgestellt. Ein paar Tage später haben Johanna und ich gemeinsam mit unserer Chefin noch die Schränke sortiert, bevor die Räume endgültig für die Großreinigung freigegeben wurden.
Am Freitag nach Schulschluss waren alle Lehrer und Mitarbeiter zu einer abschließenden Feedback- und Rückblicksrunde eingeladen. Während Sascha jede Woche an der Konferenz teilnimmt, war es für mich erst das zweite Mal, dass ich mit allen Lehrern zusammen war und es war spannend zu hören, was sie zu sagen hatten. Im Anschluss haben wir gegrillt, bevor schließlich alle nach und nach das Schulgelände verlassen haben. Nun können wir wieder die Stille genießen, die, anstatt wie sonst von lärmenden Kindern, nur noch hin und wieder von Affen, Vögeln und Streifenhörnchen gestört wird.
Chillen, chillen und chillen
Die ersten zwei Ferienwochen bis Weihnachten haben wir unter anderem damit verbracht, in der Primary School Library, also der Bibliothek der Unterstufe, etwas Ordnung zu schaffen. In dem kleinen Raum gibt es Spiele, Bilderbücher, Sachbücher und Romane für die Schüler auszuleihen – und das gleich in drei Sprachen. Neben der englischen und afrikaansen Abteilung gibt es auch viele deutsche Bücher. Zu viele, fanden Sascha und ich. Obwohl die Waldorf School Windhoek bis zur siebten Klasse bilingualen Unterricht in Deutsch und Englisch bietet, gibt es nur eine handvoll Schüler, die wirklich in der Lage wären einen ganzen Roman auf Deutsch zu lesen. Deshalb haben wir so einiges aussortiert.
Den Rest der Zeit haben wir Monopoly gespielt. Und wenn wir davon mal eine Pause brauchten, sind wir mit Freunden Essen gegangen, waren in der Stadt bummeln oder im Schwimmbad. Außerdem konnten wir endlich mal ausschlafen, zumindest bis neun. Danach wurde die Hitze im Zimmer fast unerträglich. Aber auch zu lesen fand ich in diesem Monat viel Zeit. Ein Buch war besonders interessant. Es ist eine Sammlung autobiographischer Geschichten eines südafrikanischen „Colored“, dem Sohn einer schwarzen Frau und eines weißen Manns, der in der Apartheid geboren und in den Jahren danach aufgewachsen ist. Dieser Junge heißt Trevor Noah und ist heute ein bekannter Moderator einer politischen Satire-Show in den USA. Sein Buch „Born a Crime“ (deutscher Titel „Farbenblind“) ist ein Bestseller geworden und ich habe es wirklich verschlungen. Auch wenn es darin um Johannesburg und nicht um Windhoek geht, und Noah von Zulu und Xhosa und nicht von Ovambo und Herero schreibt, konnte ich viele Parallelen zur Lebensrealität der Schwarzen und Farbigen in Namibia ziehen. Namibia, als bis zur Unabhängigkeit 1990 von Südafrika regiertes Land, war ebenfalls von der Apartheid betroffen und die Überbleibsel und Auswirkungen dieses kriminellen Regimes sieht und spürt man heute noch. „Born a Crime“ ist nicht nur unterhaltsam geschrieben, wie nicht anders zu erwarten von einem Kabarettist, sondern hat mir auch viele Einblicke in die Geschichte und Kultur Südafrikas ermöglicht. Ich fand es sehr bemerkenswert, wie verblüffend liebevoll und mit wie viel Humor Noah über Kriminalität, Diskriminierung, Polizeigewalt und die Beziehung zu seiner Familie schreibt. Ohne den mahnenden Zeigefinger oder die westliche Überheblichkeit raushängen zu lassen, schafft er es, all die Themen anzusprechen, die mich hier manchmal schockieren oder traurig machen. Sein Blick hat mir eine ganz neue Perspektive auf viele Dinge eröffnet. Eine echte Leseempfehlung!
Besuch aus Deutschland
Gleich zwei angenehme Besuche bekamen wir im Dezember. Der eine war lange geplant, der andere eher überraschend. Mitte des Monats bekam Sascha eine Nachricht von unserem ehemaligen Klassenkameraden Armin: „Seid ihr morgen an der Schule?“
Etwas verwirrt antwortete er: „Du meinst aber schon die Waldorf School Windhoek, oder?“
Es stellte sich heraus, Armin ist momentan in Südafrika und war just an diesem Wochenende zu Besuch bei Verwandten seiner Gastfamilie in Windhoek. Da wir eh frei hatten, konnten wir uns am nächsten Tag spontan mit ihm treffen und bei einer leckeren Eisschokolade über die Schule, unsere Freunde in Deutschland und die jeweiligen Reisepläne quatschen. Es war wirklich schön mal wieder jemanden aus der Heimat zu treffen und über „vergangene Zeiten“ zu reden. Danke Armin für deinen Besuch!
An Heiligabend landete dann mein Onkel mit seiner Familie und brachte Weihnachtsgeschenke von Zuhause mit! Für den Nachmittag bin ich mit den anderen Waldis zu Anna und Patrick gefahren, wo wir Spiele (natürlich auch Monopoly) gespielt haben. Gegen Abend wurde ich dann von meinem Onkel und meiner Tante abgeholt und wir sind zu Joe’s Beerhouse gefahren, wo sie gegrilltes Zebra, Oryx und Kudu probieren konnten, bevor es um Mitternacht gemeinsam in die Kirche ging. Vielen Dank für euren Besuch und die Geschenke!
Für den 25. hatten wir die Freiwilligen aus Windhoek zum Grillen und Wichteln eingeladen. Abends haben wir dann schon die Mietwagen abgeholt, denn am 26. sind wir zu unserer zweiten großen Reise aufgebrochen. Die letzten Dezembertage sind wir in Botswana unterwegs, um dann Silvester an den Victoria Falls in Simbabwe zu verbringen. Deshalb endet der Monatsrückblick auch schon hier.
Ich wünsche euch allen einen guten Start ins neue Jahr!

Und hier noch der Link zu meinem neuen Artikel in den Bramscher Nachrichten über Weihnachten in Namibia.
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